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Hans Jürgen Kastner


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Beitrag entnommen Anthologie
»Zeilenwende«
Ausgabe 2023







Davids Elegie
oder
Wort, das werde Signal, Signale haben Wirkung!


Auf den Gleisen die Züge und über allem das willige Gas –
der »Stürmer«, die wiederholte Rasse:
Ihr Leben aus dem Stein gestanzt …

Mit dem Verborgenen kämpfend:
Die Handlung, die spürbare Waffe, vom Geist nicht mehr zu fassen –
das Grauen der Räder aus rollenden Peitschen
an den zu Säulen erstarrten Menschen!

Peitschen reißen den nahen Tod durch die bleichen Gitter:
Der Stern als Dach und das Bad am Stachel –
geworfene Kammern sind die Hände,
zerdrücken die gepressten Toten.

Die Zähne, Kulissen vor dem Nichts, bereiten der Sterblichkeit die Nahrung
in Öfen als Herrschern mit den für tausend Jahre aufgeheizten Körpern,
selbst Steine zu zerstören durch das Feuer
im höchsten Schornstein auf dem Dach der Hölle, für ihre hölzernen Besucher –
davor die Menschen aus den Lagerbeständen von verschleppten Grauhaft-Häuten
so schnell wie möglich abzuliefern beim Gas aus den Konserven:
Höchst wirksam gegenüber den menschlichen Schädlingen,
ihre Köpfe tödlich zu verrücken unter die dicken Würgewolken
in einer täuschend echt gefälschten Luft;
erst aufgestapelt zu Leichenleucht- und Feuertürmen,
danach als Rauch in körperlosen Gruppen auf der Flucht,
um wesentlich leichter geworden, tief unten aufzuheulen und ganz nach oben –
obwohl bei Todesstrafe strengstens verboten –
als Schwarzfahrer unerlaubt auf totalitären, verschmutzten Winden
in ein himmlisches Reich zu stürmen:

Um sich noch zu retten vor den Abgasen von ausgebrannten Skeletten
als wehenden Fahnen über nicht einäscherbaren schuldlosen Seelen,
wie zuvor auch schon am Geist verbrochen auf öffentlichen Scheiterhaufen
mit den »Bücherverbrennungen« anstelle von eigentlich gemeinten Menschen;
die zuletzt alle gemeinsam unter möglichst noch mehr Opfern
für den »Endsieg« mit den Mitteln von »Schädlingsbekämpfern«
und ihren Gästen aus den Gasen auch die Himmel des »Dritten Reiches« anzünden
als zusätzlicher Form vom giftigen Massensterben erst durch Ersticken
und danach die menschlichen Reste mit den Feuern aus hochfliegenden Lüften wiederzubeatmen,
um doch noch überleben zu können …

Aber schließlich mußten die Völkermörder und Kriegsverbrecher
nach ihren zwölf Jahren an Fremd- und Selbstvernichtungsschlachten bedingungslos
kapitulieren nach dem Gesetz von der Mehrheit der Opfer als Sieger
über die Minderheit der Täter wie folgt:
Sie konnten sich nur noch eigenhändig richten oder wurden gemäß den
erkämpften Völkerrechten aufgehängt an den Galgen
für die befreienden Stürze von Lumpensäcken aus ihren bodenlosen letzten Hüllen
in die Höllen von tatsächlich »entarteten« Unmenschen
unter ihren »Lampenschirmen aus Menschenhäuten«;
um noch das Restlicht von ganz oben in sich aufzusaugen
und auch in ewige Finsternis zu verwandeln …

Bei der Resteverwertung war schließlich niemals zu vergessen:
Die übriggebliebenen Knochen werden mit eingeschmolzen in dunkle Gläser,
aber nicht für Sonnenbrillen aus dem verbrannten braunen Sand …
Nach den genannten sechs Millionen Ermordeten liegen
auch die Nachkommen der insgesamt sechzig Millionen an Weltkriegstoten wieder bereit –
weniger als Dauerkunden auf den »bunten« gemischten und noch bewohnbaren Wiesen,
sondern die inzwischen schon mehr als verdoppelten Opfer auf den freien,
immer gut besuchten Märkten von Schlachtfeldern –
um wie gehabt fertig verpackt zu werden zur letzten Reise von Menschenware gegen Asche,
postwendend zum Versand freigegeben zur ursprünglichen Adresse Auschwitz,
In den Öfen 33–45 folgende mit ihren diversen und weit verbreiteten Nebenstellen …

Auch die Opfer als zuletzt verglühte Bettler fordern ihren Flugsand wieder,
zu schnell verweht auf den Todesmärschen dieser Art von Wanderdünen,
sie wurden bis zum Schluss ins Nichts vorangetrieben
nach dem sogenannten »Anschluss« für tausend Jahre und »heim ins Reich«
zu den gut verheizbaren menschlichen Knochen wie jedem
einzelnen von ihnen schon lange vorher
schriftlich in »Mein Kampf« versprochen …

Mit zu den Besonderheiten zählen neben den zwölf Lichtjahren voll von rußgeschwärzten
Ruinen in SS-Uniformen aus dem gewollten »Totalen Krieg«
auch die Überbleibsel der selektierten Schuhe und Brillen,
haufenweise mit zum herausgebrochenen Zahngold geworfen
wie auch der zu Filz verarbeitete Hass in den Haaren;
sie werden bis heute noch abgeschnitten durch die »Vorsehung«
von den kahlzuscherenden Köpfen auch der zukünftigen »Untermenschen«
für einen nächsten Albtraum von »Volk ohne Raum« …

Engel tragen den Klang des Sandes für immer auf ihren weißen Schaufeln weiter –
und nicht nur: Hinein und hinunter in die unsterblichen Gräber.






Hans Jürgen Kastner, geboren 1940 in Berlin. Nach 43 Berufsjahren (Jugendhilfe und Strafrechtspflege) vorwiegend im Öffentlichen Dienst seit 2005 Pensionär. Schwerpunkt seiner schriftstellerischen Arbeit bildet Lyrik; außerdem Arbeiten bildender Kunst.

Veröffentlichungen:
»Der Mensch, geschnittene Säule am kosmischen Messer«, Versuch einer Einführung in das lyrische Werk Hans Jürgen Kastners, in memoriam Eva Pilokat, R. G. Fischer Verlag 1990. Und einige Beteiligungen an Anthologien im R. G. Fischer Verlag sowie derzeit 220 Manuskriptseiten »Die Apollinischen Kreise«.

Homepage:

hansjuergenkastner04.hpage.com


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h.kastner23@yahoo.com